Aus dem Tagebuch eines Drachentöters: Gesprächskultur im Netz?! oder: „Warum VERDAMMT NOCHMAL gehst du mitten im Gespräch offline?

Mensch stelle sich die Situation einfach mal bildlich vor. Du sitzt in deinem Wohnzimmer (oder sonstwo) und unterhältst dich mit einer befreundeten Person. Ihr kennt euch länger und redet auch über recht private Dinge. Und mitten in einem deiner Sätze steht das Gegenüber auf und verlässt deine Wohnung. Einfach so. Ohne Kommentar. Du sitzt dann sehr irritiert da und fragst dich, ob du was falsches gesagt hast oder was auch immer. Irgendwann machst du dann andere Dinge, liest etwas, schaust ein Video,… Auf einmal geht die Wohnungstür auf, die betreffende Person kommt wieder rein, setzt sich und führt das Gespräch an dieser oder einer anderen Stelle weiter. Oder noch besser: Du siehst die Person wieder hereinkommen und sich setzen, aber sie redet nicht mit dir.

In der realen Welt würde das so hoffentlich niemals vorkommen, aber im Internet, grade auf diesem beliebten Medium namens facebook scheint so ein verhalten alltäglich und normal, ja nicht mal außergewöhnlich oder kritikwürdig. Mich befremdet es allerdings schon. Ist eine Unterhaltung, nur weil sie über einen Chat geführt wird (jetzt nicht mal über ein System wie Email oder PN, sondern das auf direkte Kommunikation ausgelegt ist) so vollkommen anderen Regeln unterworfen? Und ist das wünschenswert? Hand aufs Herz, die Digitalisierung schreitet immer weiter voran, nix neues. Digitale Kommunikation ist alltäglich. Dienste wie der Facebook-Chat oder auch WhatsApp werden immer selbstverständlicher. Wenn die eigenen Eltern sowas benutzen, muss es wirklich SEHR gebräuchlich geworden sein.

Und es ist wohl auch eine natürliche Folge, dass eine Veränderung des Mediums der Kommunikation zu einer Veränderung der Kommunikation führt. Und sicher unterscheidet sich die Art in einem Chat zu schreiben von der in einem Blog (im chat kann ich alles klein schreiben und achte auch nicht so sehr auf, kommasetzung und korrekte schreibwaise). Schließlich unterscheidet sich auch die Art und Weise zu sprechen je nach Anlass. Der Chat wird, zumindest von mir, meist ähnlich wie ein zwangloses Gespräch verwendet. Hauptsache mein Gegenüber versteht, was ich meine und worum es geht. Aber grad diese Ähnlichkeit verleitet MICH dazu auch gewisse Höflichkeitsmaßstäbe zu setzen. Zum Beispiel das mensch sich entschuldigt oder es zumindest mitteilt, wenn mensch (temporär) den Computer verlässt. Mensch mag ja von den vielen Abkürzungen halten was mensch will, aber /afk (away from keyboard) macht mir deutlich, was los ist. Macht es wirklich so viel Mühe, ein paar kurze Worte in die Tasten zu kloppen, bevor mensch sich ausloggt? „Muss los. Bis dann. Bye“

Vielleicht bin ich da altmodisch und überempfindlich, aber es gibt doch bestimmte Dinge, die gehören zum „guten Ton“ oder wie es im Internet eigentlich immer heißt „Netiquette“. Die, meist ungeschriebene, Vereinbarung über den respektvollen und höflichen Umgang miteinander. Das dieses Wort/diese Übereinkunft in Zeiten von trolling und Cybermobbing oft genug mit Füßen getreten wird, ist schlimm genug, aber kann mensch mit der Höflichkeit nicht früher einsetzen?

Höflichkeit ist mehr als die Abwesenheit von Unhöflichkeit!

Daraus folgt, dass es einen gewissen Aufwand brauch, um höflich zu sein. Aber ich denke die Voraussetzung dafür sind im Netzzeitalter doch schon recht niedrig angesiedelt. Ich lege ja schon keinen Wert darauf, wie die Kommunikation beginnt, ob mensch „Hi/hey/Hallo“ sagt oder gleich mit der Tür ins Haus fällt. Aber ich für meinen Teil find es schon ganz gut, wenn ich mich drauf einstellen kann, dass eine Antwort länger dauert (wegen afk) oder noch länger (wenn die Person weg muss). Das Wissen darum macht für mich den Unterschied. Ich werd mich auf jeden Fall bemühen, höflich zu chatten. Musste aber einfach mal von der Seele runter.

Weidmenschsheil!

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